Brian de Palma startete seine Karriere in den 1970-ern als Teil der „NewHollywood-Generation“, die das Studiosystem und die Filmlandschaft in den USA nachhaltig revolutionieren sollte.

Einer der jungen Filmemacher, die ihr Handwerk an Filmschulen gelernt hatten, und sich intensiv mit europäischen Filmen befassten, hatte De Palma von Anfang an vor Allem ein Vorbild: Alfred Hitchcock. Laut de Palma hatte dieser als erster „Obsessionen“ als Motive ins Zentrum seiner Filme gerückt, und das sollte auch ein Thema sein, das De Palma immer wieder bearbeiten würde.

In De Palmas Filmen, vor Allem aus der Anfangszeit, fanden sich Charaktere wie Psychopathen, Verrückte, Gestörte, Telepathen und vieles mehr. Dabei nahm de Palma seine Sujets nie allzu ernst, und unterfütterte seine Filme nicht selten mit Ironie.

Bekannte wurde er dann vor Allem durch seine visuelle Brillanz, und seine Spielereien mit innovativen Kameratechniken. Die Endszene von „Carrie“ zum Beispiel ist für sich genommen ein eignen kleines Film-Kunstwerk.

Was ist nun der „ultimative Brian de Palma-Film“? Hier ein Überblick:

7. „Mission: Impossible“:

In den 90ern wurde De Palma, bekannt für seinen gekonnten Einsatz visueller Effekte, vermehrt mit großen Budgets betraut. Manche Versuche scheiterten („Mission to Mars“), in anderen Fällen, wie hier, gelang die Übersetzung seines doch autorenhaften Zugangs ins Blockbuster-Kino.

„Mission: Impossible“ ist einfach unterhaltsam, und auch wenn sich die Story teilweise in zu vielen Details verliert (das mag De Palma am Drehbuch gereizt haben), enthält er viele gekonnt gefilmte Szenen. Höhepunkt: Die Einbruchs-Szene, in der Tom Cruise von der Decke hängend einen Code aus der CIA-Zentrale entwendet.

6. „The Untouchables“:

Einer der Klassiker der 1980er: In diesem Prohibitions-Thriller mit Kevin Costner geht es um die Jagd nach Al Capone (Robert de Niro). Hervorzuheben ist die grandiose Darstellung von Sean Connery als „Malone“ (Oscar!) und die gewohnt gelungene Umsetzung von De Palma.

Ein Mafiafilm-Klassiker mit tollen Soundtrack (Morricone!), den jeder Brian de Palma-Fan gesehen haben sollte.

5. „Schwarzer Engel“ („Obsession“):

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Im Erfolgsjahr 1976 erschien, neben dem Durchbruchsfilm „Carrie“, schon früher im Jahr „Obsession“ (deutscher Titel: „Schwarzer Engel“). De Palma rückte damit das erste Mal sein beliebtestes Motiv direkt ins Zentrum eines seiner Filme.

Das atmosphärische Melodram gibt sich als wunderbar komponierte „Vertigo“-Hommage, und handelt von einem Familienvater (Cliff Robertson), der sich nicht von der Liebe zu seiner verstorbenen Frau lösen kann. Als er auf einer Rom-Reise eine Dame kennen lernt, die seiner Frau wie aus dem Gesicht geschnitten ist, gerät er immer tiefer in einen Strudel aus Schuld, verrückter Liebe und Paranoia…

Herrlich choreografiert, ausgestattet mit einem Soundtrack von Bernard Herrmann, beeindruckt „Schwarzer Engel“ mit wunderbar-melancholischen Bildern, schaurig-schöner morbider Grundstimmung und einem Finale, das in seiner inszenatorischen Virtuosität nahe an den Geniestreich „Carrie“ heranreicht. Sehenswert.

4. „Passion“

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De Palmas Rückkehr zu alter Stärke aus dem Jahr 2012: Der in eisigen Blautönen fotografierte Film spielt in einem von leblosen Glaspalästen bevölkerten, in kühl-kalten Farben portraitierten Berlin, und handelt von ebenso kühl wie kühn kalkulierenden (weiblichen) (Macht-)Menschen. „Passion“ entpuppt sich als filmisches Rätsel, und als filmischer Essay über (weibliche) Macht.

De Palmas letztes Werk nimmt sich dabei nicht allzu ernst, spielt geschickt mit Horror- und Krimi-Motiven, und Suspense-einlagen. Klug, und dabei sehr unterhaltsam.

3. „Scarface“

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Beim Erscheinen ein Skandal, mauserte sich „Scarface“, das Remake eines Gangsterfilms der 30-er, seither zum Klassiker, und wurde vor Allem zum Vorbild der Hip-Hop-Kultur.

Al Pacinos Darstellung als kubanischer Einwanderer Tony Montana ist legendär. Eigentlich sollte der Film, für den Oliver Stone das Drehbuch verfasste, eine pointierte Kapitalismus-Kritik werden. Durch die Regie von De Palma wurde daraus aber (auch): ein brutaler, machoistischer amerikanischer Alptraum, vor Zynismus sprühend, herrlich bebildert, plus großartigem Soundtrack von Giorgio Moroder.

Die politische Komponente verliert sich zwar mitunter etwas in stilisierten Gewaltexzessen, am Ende ist „Scarface“ aber doch ein Meisterwerk. Das Finale („Say hello to my little friend“) ist Kult, und zeigt einen Mann „on top of the world“, der Alles besitzt, aber Nichts hat; der auf dem Weg dorthin sich selbst verloren und verkauft hat; und der bereit ist, in einem Wahn aus Kokain, Paranoia und Dollars selbst sein Leben zu opfern.

2. „Carrie“

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De Palmas Durchbruch: Basierend auf einem Stephen King-Roman entwirft er eine düster-ironische Horror-Satire, die sich vor Allem durch meisterhaft komponierte Bilderreigen auszeichnet: Die romantische Tanz-Szene am prom, mit kreiselnden Kameras und Schlager-Musik choreografiert, wandelt sich Minuten später zum Alptraum („Bluteimer-Szene“).

Als Hauptdarstellerin gibt Sissy Spacek Carrie, ein von ihrer boshaften und wahnhaft religiösen Mutter zu Hause eingesperrtes High-School-Girl, das plötzlich entdeckt, dass es „Dinge bewegen“ kann. Ihre nachvollziehbaren Wutausbrüche entäußern sich sodann immer häufiger in telepathischen Zornesvolten.

Als Carrie, das schwarze Schaf, die Outsiderin, plötzlich von einem schulbekannten Feschak zum prom geladen wird, scheint sich das Blatt zu wenden. Aber -natürlich- kommt alles anders.

De Palma zeigt hier zum ersten Mal sein überragendes visuelles Talent und die ganze Bandbreite seines Könnens, und noch heute messen sich viele Horror-Filme an diesem Klassiker. Zu Recht.

  1. „Blow Out“

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Warum Nummer 1?

Weil hier die seltene Kombination zutrifft, dass ein Film sowohl visuell, als auch erzählerisch überzeugt.

Mit John Travolta in der Hauptrolle, nimmt „Blow Out“ die Handlung von Antonionis „Blow Up“ und verwandelt ihn in einen brillant gefilmten Thriller, der gleichzeitig auch als Filmessay (übers Filmemachen) mit doppeltem Boden herhalten kann.

Ein Tontechniker (Travolta) wird ungewollt Zeuge eines Unfalls, und findet sich plötzlich in einer politischen Verschwörung wieder, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Immer tiefer verstrickt er sich in verzweifelte Versuche, den Fall zu klären, und gerät dabei selbst immer weiter in einen gefährlichen Strudel aus Paranoia.

De Palma wurde, manchmal zu Recht, für die Herstellung von wunderschönen Film-Kunstwerken, die keine wahre Tiefe haben, kritisiert, aber „Blow Out“ ist der beste Beweis dagegen: Es verbindet eine starke und gut geschriebene Geschichte mit soliden Schauspiel, wahrlich erstaunlichen Kamera-Montagen – und einem verheerenden Ende.

Auch wenn „Blow Out“ sicher nicht der bekannteste De Palma-Film ist, ist er definitiv einer der sehenswertesten und komplettesten.